Wie schön! Sie betrachtet
sich im Spiegel, und erinnert sich an das Motto von einer Freundin, das sie
neulich gelesen hat: „You are precious“. Sie hebt ihre runterhängende
Augenlider, und ihr Herz schrumpft einmal ganz stark wie durch einen
Stromschlag. Der Föhn dröhnt ins Ohr, die um die Taille langen Haare tanzen,
das hinter diesen langen Haaren halb versteckte noch junge Gesicht zeigt voller
Hartnäckigkeit. Sie sieht ein paar reine aber standhafte Augen, die leicht nach
oben gehobenen Mundecken auf dem von klarer Linie gezeichneten Kiefer, den
schlanken Hals, die gesunden kräftigen Arme, und die von ihrem engen nassen
Bikini betonte schmale Taille. Sie sieht die mit ihren Haaren tanzenden Blicke
von Herren und Damen, die an ihr vorbei laufen oder in ihrer Nähe stehen
geblieben sind. In ihr steigt plötzlich ein Gefühl hoch, als wäre sie in
sich selbst verliebt. Die schönen halb trockenen Haare, rosa-rouge Wangen, saubere
glatte Haut... Was hat eine nach dem Regen frisch geblühte Seerose mehr
anzubieten?
„You are
precious“, sagt sie sich selbst, und grübelt, wie sie dieses Motto stets vor
Augen halten kann. Sie ist immer wieder überrascht, dass man ihr auch in
schwierigen Situationen diesen Satz gesagt hat. Sie vermutet, das ist bestimmt nicht nur ihrer Schönheit wegen.
Sie schwenkt
ihren Kopf einmal kräftig, so dass ihre auf der Schulter liegenden Haare ihr
Gesicht nicht mehr verstecken. Sie hält ihre Hände auf der Brust, und
seufzt. Sie muss an die unzähligen Male denken, wo sie stolz auf der Straße
lief und beneidenden oder schwärmenden Blick genoß. Aber tief im Herzen ist ihr
ganz klar, wie seicht dieser Genuss ist. Schade, sie murmelt, habe ich denjenigen
verpasst, der diese Schönheit zu schätzen weiss, oder ist derjenige noch nicht
aufgetaucht?
Sie verlässt
das Bad und stürzt sich in den warmen Wind, der sie verzaubert. Sie weiss noch,
dass sie als kleines Kind schon dieses Gefühl sehr mochte, wie der Sonnenschein
auf ihrer Schulter saß und eine Ecke von ihrem Kleid im Wind tanzte. Sie guckt
nach oben: die Bäume in der Allee fangen an zu blühen, und Vögel singen
besonders fleißig in der Dämmerung. So streckt sie ihre Arme, lässt ihre Finger
an den neuen Blüten gleiten und Wind zwischen ihren Fingern fliegen. Sie atmet
die freie Luft, und in dem Moment scheint alles eindeutig zu werden.
Ja, „I am
precious“. Es scheint ihr plötzlich klar geworden zu sein, so dass ihre Augen
richtig strahlen. Nicht die schönen langen Haare, sondern die Zartheit, die
unter diesen Wellen verborgen ist. Nicht die dunklen Augen, sondern die hinter
diesen Fenstern versteckte tiefe sinnliche Seele. Nicht der sanfte Rücken,
sondern die feste Überzeugung, die die Silhouette betont. Nicht die roten
Lippen die schmale Taille, sondern die vergossene Leidenschaft wenn sie tanzen.
Somit, sie entscheidet sich, ich soll keine Aufmerksamkeit mehr für
Schleimer-Lächeln schenken. Sie lächelt,
weil sie jetzt weiss, dass sie diese Schönheit jemandem zum Aufbewahren schenken
wird, der sie zu schätzen weiss.
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